Der Sonntag im Hause Katz ist traditionell dafür da, miteinander essen zu gehen und dafür den Restaurantpass zu gebrauchen. Denn dann muss man nur das teurere Hauptgericht zahlen, das günstigere ist gratis, ein Konzept, das MutterKatz in höchstem Maße anspricht.
Der Ablauf des heutigen Sonntagmittags war mal wieder typisch für so viele Sonntage. MutterKatz wollte mich um 11:15 abholen, denn sie hatte für 11:30 Uhr einen Tisch reserviert. MutterKatz neigt zu so frühen Mittagsmahlterminen, seit ihr mal jemand sagte, dass man da schneller bedient würde, da idR noch nicht so viel los sei. Mit den Jahren verschiebt sich das immer mehr nach hinten (weil man dann noch schneller und noch schneller bedient wird, vermutlich) und ich warte schon mit Spannung auf den Tag, an dem wir um 8 Uhr früh zum Mittagessen ins Restaurant gehen werden.
MutterKatz: „Ich hole Dich dann um 11:15 Uhr ab.“
FrauKatz: „Ja, in Ordnung.“
MutterKatz: „Aber Du musst auch fertig sein!“
FrauKatz: „Ja.“
MutterKatz: „Wir müssen pünktlich los, ich habe um 11:30 reserviert!“
FrauKatz: „Ja, geht klar.“
MutterKatz: „Also sei schon fertig, ich hole Dich um 11:15 ab!“
FrauKatz: „Jaahaa.“
Um 11:15 Uhr bin ich abfahrbereit. Um 11:20, 11:25 und 11:30 ebenfalls. Um 11:35 kommt MutterKatz vorgefahren. Ich sehe das von meinem Ausguck auf dem Balkon und mache mich gleich auf den Weg nach unten. In meinem Briefkasten steckt die Sonntagszeitung, die ich gleich auf dem Weg zu MutterKatz' Auto in die Papiertonne werfe. MutterKatz, auf dem Weg zur Klingel, trifft in etwa auf der Höhe der Papiertonne auf mich, sieht, dass ich die Sonntagszeitung hineinwerfe und meint „Oh, wir haben die noch nicht und Häärbääärt (Nachbar, Blockwart aus Leidenschaft, hängt mit seiner Frau permanent am Fenster und bespitzelt die Nachbarn) liest die doch immer so gerne!“
MutterKatz beginnt, in der Papiertonne herumzufuhrwerken. Die Zuordnung, was jetzt vom Tonneninhalt die Sonntagszeitung und was andere Druckerzeugnisse sind, scheint ihr schwer zu fallen und so wühlt sie, nimmt mal einen Stapel heraus, legt ihn wieder hinein, nimmt einen kleineren Stapel heraus, beguckt ihn, legt ihn wieder hinein, nimmt einen größeren Stapel heraus, sieht ihn kritisch an, legt ihn wieder hinein, wühlt noch ein bisschen, nimmt einen weiteren Stapel heraus ...
Ich stehe neben ihr und visualisiere unsere verspätete Ankunft im Restaurant, „Entschuldigen Sie bitte unsere Verspätung, meine Mutter musste erst noch die Papiertonne durchwühlen.“ und seufze.
FrauKatz: „Mööö-hööm! Wir sind ohnehin schon spät dran, wenn es gar so wichtig ist, kannst Du die Zeitung doch auch noch raussuchen, wenn Du mich wieder ablieferst.“
MutterKatz wirft den aktuellen Stapel wieder in die Tonne. „Ach, ist eh nicht so wichtig.“
Wir fahren los nach Plattenwems, einem früheren Dorf und jetzigem Stadtteil von Katzfurt. Laut Uhr müssten wir schon seit 10 Minuten dort sein.
Um 11:50 fahren wir in Plattenwems ein. Ich sitze entspannt auf dem Beifahrersitz, doch innerlich steigt die Spannung. Ich weiß nicht, wohin genau wir fahren, MutterKatz teilte mir am Telefon nur die Uhrzeit mit, zu der sie mich abholen würde. Weil ich in mir immer noch ein trotziges, kleines Kind habe, das in bestimmten Situationen die Herrschaft an sich reißt, fragte ich auch nicht nach.
So wiederholt sich fast jeden Sonntag die gleiche Szene. MutterKatz fährt, und fährt, und fährt und muss feststellen, dass ihre Vorstellung von „Ich dachte, das finde ich ganz leicht“ nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein könnte.
So gurken wir mit maximal 20km/h durch die Gegend, zwischendrin hüpft MutterKatz auch immer wieder ganz spontan auf die Bremse, wenn sie meint, hinter einem Gebüsch ein Restaurant entdeckt zu haben und dass wir dabei munter nicht nur über unsere Fahrbahn in Schlangenlinien fahren, sondern auch über die Gegenfahrbahn, versteht sich von selbst.
Nachdem wir zweimal durch Plattenwems gekreutzt sind, ohne dass sich das gesuchte Restaurant aufspüren ließ, fährt MutterKatz rechts ran, springt einem gerade aus seiner Ausfahrt kommenden Eingeborenen vor die Motorhaube und befragt ihn nach dem Ristorante Italia. Der weiß zum Glück, wo es langgeht und so sind wir schon um 12:15 Uhr dort. Das akademische Viertel ist bei MutterKatz eben das akademische Dreiviertel. Wenn man Glück hat.
Zum Glück ist wenig los und der Kellner äußerst nett. MutterKatz bestllt Pizza, ich Lachs.
MutterKatz: „Dass Lachs trocken ist weißt Du aber, oder?“
FrauKatz: „Wenn der richtig zubereitet wird, ist er gar nicht trocken. Ich denke, die können das hier schon.“
Der Kellner kommt, MutterKatz bestellt für uns beide. Das will sie immer, vermutlich machte man das früher so, dass das Familienoberhaupt für alle sprach; und wenn MutterKatz mal was gelernt hat, dann hält sie daran eisern fest.
MutterKatz: „Für mich eine Pizza Speziale und einmal Salmonelle alla Krilla.“
Der Kellner bleibt ernst, wofür ich ihn bewundere. Ich hingegen bin erheiterblüfft, dass dieser alte Witz tatsächlich in freier Wildbahn zu existieren scheint. Bislang hatte ich ihn immer im Bereich „Damit kannste mich gar nicht imprägnieren!“ eingeordnet.
Die Pizza ist gut, der Lachs auch (sehr saftig) und den Rest des Mahles verbringt MutterKatz damit, mir listenartig aufzuführen, was ich denn noch so machen solle und mich abzufragen, ob ich denn x, y und z schon gemacht hätte. Das trotzige Kind in mir brömmelt ein bisschen herum und ich frage MutterKatz nach ihrer Payback-Karte, die sie mir nun schon seit zwei Monaten mal vorbeibringen wollte.
MutterKatz: „Die habe ich nicht dabei.“
FrauKatz: „Du und Deine ständige Taschenumpackerei.“
MutterKatz: „Das hier ist eben meine Wochenendtasche, da habe ich diesunddas nicht drin.“
FrauKatz: „Ich brauche jedenfalls die Nummer, um die Zweitkarte anzufordern.“
MutterKatz: „Die bewahre ich dann am besten bei der Erstkarte auf.“
FrauKatz: „Was? Nein. Die ist für mich.“
MutterKatz: „Aber warum brauchst Du dann meine Karte dafür?“
FrauKatz: „Möm, das haben wir doch schon besprochen. Weil ich ohnehin nur bei dm einkaufe und die ja Paybackpunkte vergeben. Und dann kann ich die ja auf die Karte buchen lassen.“
MutterKatz: „Und dann bekommst Du auch Punkte?“
FrauKatz: „Neenee, dann bekommst Du die Punkte. Weil ich ja eine Zweitkarte von Dir habe. Das geht alles auf Dein Konto. Ich mache den Paybackkram ja nicht mit. Ich würde das Dir zuliebe tun.“
MutterKatz horcht auf.
MutterKatz: „Achsoo? Du hast dann eine Zweikarte und immer, wenn Du bei dm einkaufst und die hinlegst, bekomme ich auf mein Konto die Paybackpunkte?“
FrauKatz: „Genau.“
MutterKatz: „Das ist aber schön! :D“
FrauKatz: „Jupp, ne?“ ;-)
Der Rest des Aufenthaltes verläuft äußerst harmonisch; vermutlich verprasst MutterKatz in Gedanken schon die ganzen Paybackpunkte, die ihr meine Einkäufe verschaffen werden. :-D
Wir gehen zum Auto.
MutterKatz: „Ach, und kannst Du heute Abend meine Kleinen füttern? Ich bin doch im Konzert.“
FrauKatz: „Nee.“
MutterKatz: „Was? Wieso nee?“
FrauKatz: „Da bin ich mit A. weg.“
MutterKatz: „Wieso? Wiewowas? Warum?“
FrauKatz: „Weil A. mich gefragt hat, ob ich mit ihr und ihrem Mann mitkommen will.“
MutterKatz: „Aber meine Kleinen!“
FrauKatz: „Jetzt, ein paar Stunden vorher, damit anzukommen, ist halt auch sehr kurzfristig, ne?“
MutterKatz: „Aber ich dachte, Du bist daheim.“
FrauKatz: „Bin ich aber nicht.“
MutterKatz: „Aber ich dachte!“
FrauKatz: „Tjaaaa.“
MutterKatz: „Aber meine Kleinen! Was mache ich denn jetzt? Du bist doch sonst daheim!“
FrauKatz: „Selbst wenn ich daheim wäre, was ich nicht bin, fände ich es unhöflich, mit sowas erst ein paar Stunden vorher rauszurücken. Dass Du im Konzert bist, wusstest Du ja nicht erst seit gestern, ne?“
MutterKatz: „Aber meine Kleinen! Und Maddiemausi!“
FrauKatz: „Moah. Ist gut, ich rufe A. an und sage, dass ich später komme.“
MutterKatz: „Ja! Das mach mal!“
FrauKatz: „Und denk' nächstes Mal bitte früher an sowas. Ich habe viel zu tun, ich sitze auch nicht nur herum, gucke die Wand an und warte darauf, dass Du mich für irgendwas einspannst.“
MutterKatz: „Jaja.“
FrauKatz: „Ja, das dachte ich mir schon.“
MutterKatz: „Was?“
FrauKatz: „Nix.“
MutterKatz: „Außerdem weißt Du ja noch gar nicht, was mit meinem Fuß ist, warum ich so schlecht laufen kann!“
FrauKatz: „Wenn es immer noch die Dornwarze ist, von der hast Du mir schon zweimal erzählt.“
MutterKatz: „Echt?“
FrauKatz: „Ja.“
MutterKatz: „Weil, ich konnte ja schon länger nicht mehr gut laufen, das tat immer so weh, und dann bin ich vor ein paar Tagen ...“ *erzählt die Geschichte ein drittes Mal*
Achja. Ein weiterer, typischer Sonntag bei Familie Katz. Mal gucken, vielleicht überwinde ich ja nächstes Mal das trotzige Kind und frage vorher, wo es hingeht. Zumindest einer von uns sollte den Weg kennen, das wäre bestimmt hilfreich. *hüstel*