Ist ja gut! Ich schreibe ja, ich schreibe ja! Ich hätte jetzt gedacht, wir alle wären froh, wenn diese Telefongeschichte sacht und unmerklich im Orkus der Vergangenheit verschwindet und nie wieder erwähnt wird. Öhm. Ja. Offensichtlich nicht. Also.
Stand der Dinge: MutterKatz' Anschluss würde in den nächsten Tagen umgestellt werden und könnte dann auch Anrufernummern, falls die mitgesendet werden, anzeigen. Doch, ach, noch weilt das ungeliebte Telefon in Katzinson Manor Sr. und MutterKatz ist unglücklich.
Kannmanjanichtmitansehen!
So fuhren wir baldigst zum nicht-blöd-Rotmarkt, der aber immer noch umbaute und deswegen ein, sagen wir mal stark eingeschränktes Sortiment hatte. MutterKatz begutachtete die vorhandenen schnurlosen Telefone pflichtschuldigst, es gab aber keines, das ihre Zustimmung fand.
Ja, meinte ich daraufhin, dann gehen wir doch mal zum geizgeilen Blaumarkt eine Querstraße weiter, das sei eh der gleiche Konzern im Hintergrund.
Jaaa, hmmm, zögerte sie, aber wenn der Rotmarkt dann das böse Telefon nicht zurücknähme, wenn sie das neue nicht hier kaufe, was wäre dann?
Ja, nun, entgegnete ich, der Rotmarkt sei ja selbst Schuld wenn er umbaue und nix Ordentliches dahätte!
Diese Art von Logik findet MutterKatz gut und wir fuhren zum Blaumarkt, der nicht umbaute und auch eine wunderbare Auswahl hatte. MutterKatz schritt die Reihe der Telefone ab wie ein General mit Dauerwelle und Blümchenbluse eine Aufstellung der schlimmsten Delinquenten seiner Armee. Jedes Telefon, das ich ihr zeigte, wurde mit einem Gesichtsausdruck bedacht als wäre es eine schleimige Nacktschnecke und ich hätte grade verlangt, die roh und ungewürzt hinunterzuwürgen. Mit MutterKatz einzukaufen ist wahrlich die reinste Froide.
Rettung nahte in Form eines Blaumarktmitarbeiters, der ungefragt auf uns zukam und fragte, ob er helfen könne.
Ich meine, ich mußte ihn nicht mal jagen, in eine Ecke zwischen Wasserkochern und Toastern stellen und bewußtlos schlagen! Der kam freiwillig!
Offensichtlich hatten wir es mit einem rettungslos verrückten Psychopathen zu tun, aber solange er sich mit Telefonen auskannte ...
Nun, da ein MANN sich ihrer annahm, blühte MutterKatz auf und rückte sogar mit diversen Wünschen und Vorstellungen heraus. Mir sowas zu sagen wäre ja völlig sinnlos, denn ich bin eine Frau, ich kenne mich ohnehin nicht aus und überhaupt hat sie mir die Windeln gewechselt, ich kann unmöglich mehr wissen als sie selbst. Jaja.
Hauptwunsch war, daß auf der Basisstation des Telefons so Tasten sind, wo man (=ich) Telefonnummern einspeichern kann, die man dann nur noch drücken muß und die Nummer wird automatisch gewählt.
Fröhlich erklärte der Einzelhandelskaufmann, daß in dem Mobilteil („Er meint den Hörer, Mama.“) ein ganzes Telefonbuch integriert wäre und sie diese Einzeltasten nicht mehr bräuchte, denn wenn man grade irgendwo säße und das Mobilteil bei sich hätte und telefonieren wolle wäre es doch unsinnig, wieder aufstehen und zur Basisstation gehen zu müssen.
MutterKatz bekam wieder ihr Schneckengesicht und meinte, daß sie solche Knöppsche aber gut fände. Ich wechselte einen Blick mit dem netten jungen Mann und zuckte mit den Schultern. Ich hege allgemein keine sonderlich großen Hoffnungen bezüglich der Fähigkeiten meiner Mutter, mit integrierten Telefonbüchern in Mobilteilen umzugehen. Knöpfchen drücken, neben denen ein Name steht – ja. Sich mit Tasten durch ein internes Menü drücken – äh, nein.
Der Blaumarktangestellte, der sich nach uns wohl nie wieder freiwillig eines Kunden annehmen würde, meinte, er würde mal im Lager nachsehen, vielleicht gäbe es da ja noch was. Er verschwand und ich befingerte noch ein wenig die ausgestellten Telefone, während MutterKatz mit ihrem patentierten Ich-trage-das-Leid-der-Welt-auf-den-Schultern-Gesichtsausdruck ins Leere starrte.
Nach nicht allzu langer Zeit kam der nette Mann zurück. Er trug ein Seil, diesen Leuchthelm für Bergarbeiter, einen Karton und war mit Spinnweben übersäht. „Hier“, verkündete er stolz, „das hat Schnellwahlknöpfe auf der Basisstation.“ und überreichte uns den Karton.
MutterKatz bekam ihren Ich-trage-heute-nur-99%-allen-Leids-der-
Welt-auf-den-Schultern-Gesichtsausdruck und betrachtete das Fundstück. Im Hintergrund klopfte sich der nette Mann erst mal den Staub ab. Dummerweise hatte ich meine Taschenfusselrolle nicht dabei, ich hätte sie ihm geliehen.
„Könnten wir bitte Batterien bekommen um das Telefon mal in Aktion zu sehen?“ – „Klar, bin gleich wieder da.“ *klopf**klopf*
Das Telefon gefiel, die Anzeige war extragroß, die Anleitung extraeinfach. Einziges Manko: „Aber das sind ja nur vier Knöpfe?“
„Mama, schnurlose Telefone haben anstatt dieser drölfunneunzig Knöppe halt ihr integriertes Telefonbuch, da kann man noch viel mehr Nummern speichern. Dieses hier hat ausnahmsweise vier Knöppe auf der Station. Entweder das reicht Dir oder es gibt gar keine Knöppe. Die anderen haben gar keine. Musst Du wissen.“
Wir kauften das Telefon.
Daheim in Katzinson Manor Sr. musste ich das neue, schöne, gute Telefon natürlich gleich aufbauen. Klappte problemlos. Dann sollte ich das böse Telefon gleich wieder einpacken damit es bereit sei zurückgebracht zu werden.
Ich sammelte also sämtliche Lufttütchen, seltsam geformte Pappstückchen, Einwickelpapiere, Garantieschriften und wasweißichnoch zusammen und puzzelte eine halbe Stunde daran herum, alles, was aus dieser Schachtel gekommen war, wieder hineinzufabrizieren.
Diese Schachteln schrumpfen doch, sobald man das Zeug entnommen hat, oder?
Irgendwann hatte ich es dann mehr oder weniger gut verstaut. Nun würden wir es nur noch beim Rotmarkt zurückgeben müssen, was, nach MutterKatz' Gesichtsausdruck zu schließen, eine Aufgabe jenseits von Quantenphysik und Molekularbiologie sein würde.
to be continued