Freitag, 21. Juli 2006

Ruft die Kavallerie!

Ich will gar nicht lange um den heißen Brei herumreden: ich war reiten. Jawoll. Vorletztes Wochenende.

Die, die mich schon länger kennen, dürften wissen, daß ich mal 16 Jahre lang geritten bin. Wenn man sich nämlich immer mal wieder sieht, dann fange ich aus lauter Verzweiflung an, alte Pferdegeschichten zu erzählen. Die guten Geschichten wie „FrauKatz und der Kratzbaum“, „FrauKatz und die Fuchsfamilie mitten auf der Straße“ oder „Warum mein Kater von einem Pudel großgezogen wurde“ kennt das Gegenüber schließlich schon. Da greift man in seiner Not schon mal zu „als ich grade mal 3 war hat MutterKatz mal ...“ oder eben zu „als ich damals noch geritten bin, habe ich mal ...“.

Ich bin schließlich nicht Lara Croft, nichtwahr? Die kann jedes Wochenende mit neuen Grabplünderungen, Tauchgängen und Explosionen aufwarten, während ich höchstens noch beisteuern könnte, daß meine Katzen heute morgen mal wieder auf den Teppich geürgst haben. Das wäre nichts neues? Aber wohl, dieses Mal war es nämlich Synchronürgsen. :nick: Das hatten wir eigentlich noch nie, bislang stand immer eine der Katzen daneben und betrachtete den Ürgser mit einer gewissen feliden Verwirrtheit.

Lara Croft: blinkende Schätze, dunkle Katakomben, uralte Flüche
FrauKatz: kotzende Miezen

Ich weiß schon, warum keiner über mich ein Computerspiel macht.


Ja, wo waren wir? Ah, beim Reiten. Der Ausritt war ein Geburtstagsgeschenk von einer meiner engsten Freundinnen, Ela. Sie lernt seit Anfang des Jahres und macht recht gute Fortschritte, während ich so ein paar Jährchen nicht mehr auf dem Pferderücken saß. Ich teilte Ela auch meine Bedenken mit, denn eine so gewichtige Persönlichkeit wie mich kann man natürlich nicht einfach auf irgendein Pferd hocken. Nein, meinte Ela, sie habe das mit der Besitzerin des Hofes besprochen, das sei alles geregelt.

Okay.

Wir fahren also los. Der Hof liegt irgendwo in der unterfränkischen Tundra, was bedeutet, daß wir für Stunden nur Felder und den obligaten Krümpfelbaum zu sehen bekommen. Touristen finden das ja angeblich sehr malerisch und dekorativ, aber als Einheimische habe ich mir das Recht erworben, diese Begeisterung nicht zu teilen finde ich. :p

Es handelt sich übrigens um so eine Art alternativen Gnadenhof. Sprich, da laufen Schweine, Ziegen und Krams herum und die Tiere sind oft schon etwas älter. Sowas wie die Farm of Love, nur etwas mehr Farm als Love. Ich frage schon mal vorsichtig an, welches Pferd denn für mich vorgesehen sei. Das wäre dann Misty, meinte Ela. Aha. Und wie alt sei Misty denn? Oh, noch ganz jung, 16 Jahre oder so.

Zu diesem Zeitpunkt fuhr ich vor Verblüffung fast in den Straßengraben. Oiwei.

Auf dem Hof angekommen sollten wir erst mal die Pferde putzen. Zu diesem Behufe (Harhar. Wortspiel. Harhar.) mußten wir die lieben Ungulanten aber erst von der Weide holen. Wir liefen los und ich betrachtete die Pferde auf der Weide schon mal etwas nervös. Leider hatte keines einen langen, weißen Bart und stützte sich auf einen Krückstock, so daß ich Misty nicht gleich identifizieren konnte. Immerhin waren die Pferde alle groß und sahen kräftig aus. Auf den Esel, das Maultier oder das Norwegerpony würden sie mich ja schließlich nicht verfrachten, ahahahahahahaha.

„Ach, die sehen ja nett aus. Welches ist denn Misty?“
„Das isabellenfarbene Pony da hinten.“
„ ...!!!“
„Wasn?“

Das Pony!

Ich gab's einfach auf und ließ mich treiben. Sie wollten, daß ich das Pony reite? Hey, okay, dann werde ich das Pony reiten. Kein Thema. Das wird lustig, als ich mit 13 das letzte Mal ein Pony geritten bin, schleiften meine Füße auf der Erde.
Schön, Misty war ein kräftiges Endstockmaßpony, meine Füße würden einen ansehnlichen Abstand zum Boden haben, aber hier ging es schließlich ums Prinzip!

Lara Croft: Speedboat.
FrauKatz: Pony.

Mein Leben werden sie ganz sicher nicht verfilmen.


Wir putzen die Pferde, nein, vielmehr Ela putzte ihr Pferd, ich putze das Pony. Dann massierte ich es noch etwas. Schien ihm zu gefallen. Meine Nervosität sank. Ela erzählt mir, daß Misty sehr lebhaft sei und sie schon mal von ihr heruntergefallen ist. Meine Nervosität stieg.
Misty gab brav Hufe. Meine Nervosität sank.
Ela schleppte das Zeug an, das wir für das Picknick im Wald, zu dem wir reiten wollten, brauchten. Decke und Essen und Krams. Meine Nervosität verließ das Land ohne Nachsendeadresse.

Als wir dann schließlich glücklich die Pferde gezäumt, gesattelt und bepackt hatten (wenn nicht grade wir auf den Pferden gesessen hätten, hätte man sie von Sattel und Packzeug für echte Cowboypferde halten können) fand ich eigentlich, daß wir schon ganz schön was geleistet hatten und jetzt doch bitte wieder umkehren könnten.

Aber wir ritten los. Durch die unterfränkische Pampa. Tundra. Krams halt. Misty bestand den ersten Test, sie brach nicht röchelnd unter mir zusammen. Ich nahm das mal als ein gutes Omen an.
Später dann wollte Ela traben. Okayyyy ...
Zu meiner Überraschung war Misty mehr als eifrig bei der Sache. Whoops? :uhoh: Das lief so gegen mein Weltbild, ich war flabberghasted.

Wir ritten also zum Wald, breiteten dort unsere Decke aus, picknickten, während die Pferde (ohne Zaumzeug natürlich) grasten. Sehr idyllisch, mußte selbst ich als Einheimische zugeben.
Auf dem Rückweg dann ritten wir mitten durch den Wald, sprangen über einen kleinen Graben ( :uhoh: ) und galoppierten. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, daß Misty ihrem Namen voll gerecht wurde: sie hatte wirklich einen mistigen Galopp. Am nächsten Tag hatte ich nicht nur Muskelkater sondern auch einen riesigen, blauben Fleck am Bauch. Sattelhörner sind böse. Jawohl.
Um späteren Generationen, die aus meinem Leben lernen könnten, ein bisschen Anschauungsmaterial zu geben, habe ich den blauen Fleck natürlich fotographiert. Damit man die Abmessungen besser einschätzen kann, habe ich mir vorher ein Streichholz daneben geklebt.

[...]

Ja, ich weiß. Es war die Hitze, an diesem Samstag war es extrem heiß. Irgendwas muß da *brizzl* gemacht haben.

Der Rückweg war dann auch nicht mehr so entspannend, weil Misty offensichtlich den Ruf des Stalles vernahm. Daß die Pferde des Hofes nur nach einem Ausritt Mesh oder Körnergemisch bekamen, sonst aber nur Heu, mag einen Teil dazu beigetragen haben, jedenfalls saß ich auf etwas, das ich mit gutem Gewissen als Pulverfass bezeichnen konnte.
Glücklicherweise scheint Reiten so ähnlich wie Radfahren zu sein, wenn man es einmal konnte, vergisst man es nicht mehr. Alle Hüpfer, Buckler und Scheuer von Misty konnte ich wunderbar aussitzen (ich war selbst erstaunt). HA!

Der Tag ging dann mit Offenstallausmisten, Ziegen scheuchen und Wenzel beglücken zu Ende. Wenzel ist 3 Monate alt und ein Baby. Nachdem ich mich zu Babys von anderen Spezies in der Regel deutlich mehr hingezogen fühle war ich etwas perplex, daß Wenzel mein Anblick offensichtlich entzückte. Er gurrte, grinste und sabberte. Nach dem, was ich von Babys weiß, war das wohl positiv zu bewerten. :suspekt:

Ich fragte ihn also, wie sein Tag denn bisher so gewesen sei, denn schließlich wurde ich ordentlich erzogen. Er sagte „Brrribbff!“ und spuckte sich etwas anverdaute Muttermilch auf's Kinn.

Ewwww.

Kein Wunder, daß Babys nie zu öffentlichen Veranstaltungen eingeladen werde. Tz. Aber offensichtlich war sein Tag bislang ganz gut verlaufen. Ich schielte ihn an und imitierte einen Kanarienvogel. Er war hingerissen. Na bitte.

Unnötig zu erwähnen, daß ich nach 5 Stunden Reiten einen Muskelkater der Extraklasse hatte. Nicht nur auf einem träge dahintrottenden Tier zu sitzen sondern auf so einem netten Pulverfass. Pfhuuu.

Trotzdem war das einer der schönsten Tage in diesem Sommer. Hach. Wundervoll.
Muß ich irgendwann unbedingt wieder machen.

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