Samstag, 9. September 2006

Jetzt hör mal zu, Kind!

Schtina hat die Green Hell Blog Tour gestartet. Aufgrund der ungeheuren Geheimniskrämerei, die mein Blog so mit sich bringt, kann ich natürlich nicht offiziell teilnehmen. Deswegen werde ich mich als Trittbrettfahrer einfach dranhängen.

Die Aufgabe:

  • Stellt euch vor, ihr könntet in der Zeit zehn Jahre zurück reisen und euer damaliges Ich treffen. Was würdet ihr ihm sagen wollen? Vor was wollt ihr es warnen? Welche Ratschläge gebt ihr ihm mit auf den Weg? [Jegliche zeitreisentheoretische Paradoxa sind zum Zwecke dieses Blogeintrages außer Kraft gesetzt, ihr müsst euch also keine Sorgen um Paralleluniversen, multiples Kaskadenversagen und kleine Mönche mit Besen machen. Haut rein.


  • Ich weiß nicht genau, wie ich mit meinem jüngeren Ich in Verbindung treten würde.

    Vielleicht per Brief, möglicherweise in Personam. Ich habe mich seit meinem 10ten Geburtstag nicht mehr sonderlich verändert, ich dürfte mich erkennen und geheimnisvolle Paradoxa fand ich schon immer faszinierend.
    Ich müßte mich nur davon abhalten, mich ständig mit dem Lineal zu pieksen.
    „Ganz besonders wichtig ist auch, daß Du ...“" *pieks* „... hör auf damit. Und falls Du irgendwann einmal ...“ *pieks* „... lass das. Wo war ich? Ach ja, falls Du unter Umständen ...“ *pieks* „ICH BIN ECHT! HÖR AUF, MICH MIT DEM VERDAMMTEN STECKEN ZU TRIEZEN!“

    *räusper*


    Möglicherweise würde ich ihr auch eine Diskette in den Briefkasten stecken. Sie wohnt grade in einer WG mit Idioten, macht grade die SlimFast-Diät, geht gradewegs auf's Abi zu und hat grade ihren allerersten Computer bekommen, um ihre Facharbeit zu schreiben.

    Vor allem würde ich mich sie mit einer gewissen Wehmut betrachten. Ich würde ihr, bevor ich irgendetwas anderes sage, eine Abschrift von Baz Luhrmanns „Sunscreen“ geben.

    „ Ladies and Gentlemen of the class of ’99
    If I could offer you only one tip for the future, sunscreen would be
    it. The long term benefits of sunscreen have been proved by
    scientists whereas the rest of my advice has no basis more reliable
    than my own meandering
    experience…I will dispense this advice now.

    Enjoy the power and beauty of your youth; oh nevermind; you will not
    understand the power and beauty of your youth until they have faded.
    But trust me, in 20 years you’ll look back at photos of yourself and
    recall in a way you can’t grasp now how much possibility lay before
    you and how fabulous you really looked….You’re not as fat as you
    imagine.

    Don’t worry about the future; or worry, but know that worrying is as
    effective as trying to solve an algebra equation by chewing
    bubblegum. The real troubles in your life are apt to be things that
    never crossed your worried mind; the kind that blindside you at 4pm
    on some idle Tuesday.

    Do one thing everyday that scares you

    Sing

    Don’t be reckless with other people’s hearts, don’t put up with
    people who are reckless with yours.

    Floss

    Don’t waste your time on jealousy; sometimes you’re ahead, sometimes
    you’re behind…the race is long, and in the end, it’s only with
    yourself.

    Remember the compliments you receive, forget the insults; if you
    succeed in doing this, tell me how.

    Keep your old love letters, throw away your old bank statements.

    Stretch

    Don’t feel guilty if you don’t know what you want to do with your
    life…the most interesting people I know didn’t know at 22 what they
    wanted to do with their lives, some of the most interesting 40 year
    olds I know still don’t.

    Get plenty of calcium.

    Be kind to your knees, you’ll miss them when they’re gone.

    Maybe you’ll marry, maybe you won’t, maybe you’ll have children,maybe
    you won’t, maybe you’ll divorce at 40, maybe you’ll dance the funky
    chicken on your 75th wedding anniversary…what ever you do, don’t
    congratulate yourself too much or berate yourself either – your
    choices are half chance, so are everybody else’s. Enjoy your body,
    use it every way you can…don’t be afraid of it, or what other people
    think of it, it’s the greatest instrument you’ll ever
    own..

    Dance…even if you have nowhere to do it but in your own living room.

    Read the directions, even if you don’t follow them.

    Do NOT read beauty magazines, they will only make you feel ugly.

    Get to know your parents, you never know when they’ll be gone for
    good.

    Be nice to your siblings; they are the best link to your past and the
    people most likely to stick with you in the future.

    Understand that friends come and go,but for the precious few you
    should hold on. Work hard to bridge the gaps in geography and
    lifestyle because the older you get, the more you need the people you
    knew when you were young.

    Live in New York City once, but leave before it makes you hard; live
    in Northern California once, but leave before it makes you soft.

    Travel.

    Accept certain inalienable truths, prices will rise, politicians will
    philander, you too will get old, and when you do you’ll fantasize
    that when you were young prices were reasonable, politicians were
    noble and children respected their elders.

    Respect your elders.

    Don’t expect anyone else to support you. Maybe you have a trust fund,
    maybe you have a wealthy spouse; but you never know when either one
    might run out.

    Don’t mess too much with your hair, or by the time you're 40, it will
    look 85.

    Be careful whose advice you buy, but, be patient with those who
    supply it. Advice is a form of nostalgia, dispensing it is a way of
    fishing the past from the disposal, wiping it off, painting over the
    ugly parts and recycling it for more than
    it’s worth.

    But trust me on the sunscreen…“


    Ich würde ihr sagen, daß sie sich um das Abi keine Sorgen zu machen braucht. Sie wird es einfach so im Vorbeigehen machen, obwohl sie seit der 7ten Klasse nichts mehr gelernt hat und die Hälfte der Schulzeit bis heute krank war. Sie kann sich die schlaflosen, durchheulten Nächte sparen.

    Ich würde sie packen und zum Radiologen schleifen, damit er ihre Schilddrüse untersucht und ihr damit ein paar ziemlich beschissene Jahre unbehandelter Hypothyreose ersparen.

    Ich würde ihr sagen, daß sie kurz nach dem Abi auf eine Clique treffen wird, die sie begeistern wird. Daß diese Erfahrungen, daß sie akzeptiert und angenommen, ja sogar begehrt wird, wichtig und wundervoll sein werden. Daß sie sich und ihre Zukunft aber bitte nicht völlig aufgeben und nur noch für diese Clique leben soll. Daß es das, was sie damit anrichten wird, nicht wert ist.

    Ich würde sagen, daß sie es einfach mal wagen sollte, [Lukas] ins Kino einzuladen, bevor sie 10 Jahre später feststellt, daß ihre Jugendliebe ein Priester werden will.

    Ich würde fragen, was zum Kuckuck den jetzt mit W. sei. Ob sie jetzt mit ihm zusammen war oder was? Was wollte der? Was war das?
    Ich würde mich mit ihr darüber unterhalten und wir würden wohl feststellen, daß wir es beide nicht wissen.

    Ich würde sagen, daß sie nicht auf ihre Mutter hören soll, die aufgrund ihrer ungeheuren Menschenkenntnis der Meinung ist, daß sie Kindergärtnerin oder sowas werden sollte, sondern daß sie studieren soll. Biologie, Psychologie, Medizin – das, was sie schon immer interessiert hat. Daß sie sich sonst später aufgrund der verpassten Chancen selbst verfluchen wird.

    Ich würde ihr unendlich viele gute Ratschläge geben. Hör mit dem SlimFast-Mist auf, ernähre Dich lieber gesund und lerne kochen. Kauf ein vernünftiges Auto. Halte mehr Kontakt zu Deinen Freunden. Schmettere jeden Kontakt mit J.F. ab, er wird Dich zu Tode nerven. Höre nie mit dem Reiten auf. Höre nie auf, Katzen zu haben. Wenn Du das Gefühl hast, daß das mit Dir und Deinem Freund nichts wird, dann verdränge es nicht und zieh' es nicht noch zwei Jahre hinaus. Lerne, mit Geld umzugehen. (Eigentlich ist das noch heute ein sehr guter Rat für mich.)

    Das alles und noch viel mehr würde ich ihr raten.

    Vielleicht.

    Möglicherweise würde ich ihr aber auch nur einen kleinen Zettel zustecken. Auf dem würde stehen:
  • „Du wirst Fehler machen und Dummheiten begehen, aber Du wirst auch Menschen helfen und sie zum Lachen bringen. Du wirst Zeiten durchmachen, die Dich glauben lassen, Du seist die Königin der Welt und Zeiten in denen Du wünschen wirst, daß Du nie geboren worden wärst.
    Ich könnte jetzt versuchen, Dich vor den schlimmsten Fehlern und größten Dummheiten zu bewahren und Dir die grausamsten Zeiten zu ersparen. Aber in welche Richtung würde Dein Weg führen, wenn Du von dem abweichst, den ich kenne? Ich weiß es nicht.
    Welcher Mensch würdest Du werden, wenn Du diese ganzen Erfahrungen nicht gemacht hättest? Ich weiß es nicht.
    Ich weiß nur, daß alles, was ich in der Vergangenheit getan und erlebt habe, mich geformt hat. Du wirst es noch tun und erleben, und es wird Dich formen. Und wenn ich mir jetzt, September 2006, ansehe, was ich bin, dann denke ich, daß das alles notwendig war. Daß die schweren Zeiten mich Demut und Gelassenheit lehrten, die schönen Zeiten, wie wunderschön das Leben ist.

    Es hätte schlimmer kommen können.

    Auch jetzt gibt es noch einiges zu verbessern, aber ich denke, wir sind so im Großen und Ganzen auf dem richtigen Weg. Du wirst gute Freunde haben, die Dich mögen, und Du wirst sie auch mögen. Du wirst viel über die Menschen und das Leben nachdenken und versuchen, einen Sinn zu finden. Du wirst Spaß haben, Du wirst frustriert sein, Du wirst heulen, fluchen und schreien, Du wirst lauthals lachen, fiese, sarkastische Bemerkungen machen, träumen und manchmal gleich alles zusammen.

    Das ist schon okay so.

    Halt die Ohren steif und, ach ja, lass mal Deine Schilddrüse untersuchen.“


  • Vielleicht würde ich noch anfügen, daß ich immer einen gewissen Hang zum Pathos behalten werde. Schrecklichem, gefühlsduseligem, EMO!PATHOS. Aber ich will mein früheres Ich ja nicht deprimieren. ;o)

    3 Kommentare:

    Anonym hat gesagt…

    Genauso wie bei mir.
    Bis auf das Lineal. Tihihihi!

    FrauKatz hat gesagt…

    Great Minds Think Alike. :grin:

    Anonym hat gesagt…

    Stimmt, genau wie wir.