Montag, 21. Mai 2007

Tag 2: 'cause we've got rocks and rocks and rocks and rocks ...

Der zweite Tag beginnt etwas regnerischer. Wir trotten (bekleidet) durch Galway/Salthill und entdecken ein Café mit WiFi (W-Lan). Das Tourist Office hat zu und obwohl für uns arktische Temperaturen herrschen, laufen die Iren herum, als hätten wir 30 Grad. Centi kam aus „Kind! Zieh Dir was an! [...] Ich brauche noch einen Pullover! Mit wird schon beim Zusehen kalt!” gar nicht wieder heraus.
Ich will jetzt nicht sagen, daß Salthill langweilig war, schließlich war da der Atlantik (all kinds of liquid love), aber wir beschlossen dann doch, lieber in die Einöde der westlichsten Westküste zu fahren, weil's da vielleicht spannender ist.



Der Westküste vorgelagert sind ein paar Inselchen. Also, keine Fähren-Inseln sondern eher Mir-ham-dann-mal-e-Brücke-gebaut-Inseln. Wie die tatsächlich heißen müßt ihr bei Centi nachlesen, bei mir heißen die Dinger nur Gollum Islands.
Je weiter wir Richtung Westküste fuhren, desto steiniger wurde es. Teilweise war weit und breit kein Ort zu sehen und Steine bis an den Horizont. Das war sehr ... rohanig. Das war sogar extrem-rohanig. Centi bekommt leichte Schwierigkeiten mit der Landschaft: „Steine! Nur Steine! Sie sind überall! Wir sind umzingelt! AAAHHHHH!”
Trotzdem halten wir in einer Miniwinzausbuchtung der Straße und die Crew der MS Mathomhaus schwärmt aus. Mit ihren Kameras. Um ... Steine zu fotographieren.

Sehe Iren in ihren Autos lachen. Kann das irgendwie nachvollziehen.

Wir fahren dann weiter. Wie auf manchen von Stinas Videos zu sehen, sind auf den guten Straßen die einzelnen Fahrspuren fast so breit wie die MS Mathomhaus. Man muß also bei Gegenverkehr nur ein bisschen ins angrenzende Gebüsch fahren. Ich verfluche jedes entgegenkommende Auto und bete inbrünstig bei jeder nicht einsehbaren Kurve. Beginne zu verstehen, warum die Iren so viel fluchen und gleichzeitig so gläubig sind.



Je weiter wir nach Westen kommen, desto steiniger wird es und desto enger werden die Straßen. Erinnere mich an meine Kindheit und wünsche mir ein Auto wie K.I.T.T., um über den Gegenverkehr einfach drüberspringen zu können.
Stelle fest, daß die Iren alle wahnsinnig sind. Auf Straßen, auf denen man sich selbst zu Fuß vorsichtig vorantasten müßte, stehen 80er Geschwindigkeitsbegrenzungen. Die spinnen, die Iren.

Dann kommen die Brücken, die die einzelnen Inseln miteinander und mit dem Festland verbinden. In der Annahme, daß hier ohnehin nie jemand freiwillig hinziehen wird, sind die grade mal 1,5 mal so breit wie unser Auto. AAAAAAAHHHHHH!
Mittendrauf kommt natürlich Gegenverkehr. AAAAHHHHHHHH!
Der fast genauso breit ist wie wir. AAAAAAAAAAAHHHHHHHHH!

Ich fahre links ran und bete zur großen Katze. Der entgegenkommende Ire winkt freundlich und fährt unter Mißachtung aller physikalischen Gesetze an mir vorbei.

Puuuuuuuuuuhhhhhh!

Auf der letzten Insel treffen wir zwei bezaubernde Hunde. Ich füttere den viel zu dünnen Boxer mit Centis Sandwiches und beschließe, mir bei unserem nächsten Einkauf Hundeleckerlis zu besorgen.
Erwäge auch, Hundefutterdosen zu erwerben, verwerfe das allerdings wieder. Ganz so bekloppt bin ich dann doch nicht.
Hust.

Wir fahren dann weiter. Auf einem Weg, der mich an den Trampelpfad im Garten meiner Großmutter erinnert. Der zum Kompost führte.
Der Weg ist, I'm not kidding, grade mal so breit wie das Auto. Wenn jetzt Gegenverkehr kommt, sind wir alle verloren. Verloooooooooren!
Meine MPGs laufen zur Höchstform auf. Uneinsichtige Kurven über Hügel hinweg. Die Crew, mit der potenziellen Ausnahme von Kosh und Aki, ist permanent am Schreien. Vielleicht hören uns entgegenkommende Iren dadurch und umfahren uns mittels Ortskenntnis weiträumig, man weiß ja nie.



Am Ende des Trampelpfades angekommen bobbelt langsam eine wichtige Frage an die Oberfläche: wenden? Wie und wo? Mit viel Gekurbel, rangieren, fluchen und schreien gelingt auch das, und wir fahren langsam wieder zurück.

Und da passiert es!

GEGENVERKEHR! AAAAAHHHHHHHHH!

Genau vor uns steht ein roter Kleinwagen. Wir starren ihn erst mal verdutzt an und hoffen, daß es eine Halluzination ist. Ausgelöst durch steinige Eintönigkeit, bis sich unser Gehirn sagte, daß in soviel Steinigkeit doch ein roter Kleinwagen nett wäre.
Er geht aber nicht weg.
Mist!
Dummerweise sind wir grade vor ein paar Metern an einer Ausbuchtung der Straße vorbegekommen, die wohl für genau diesen Fall gedacht ist. Es war also an uns, zurückzufahren.

AAAHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH!

Eine kurze Abschätzung der Lage ergab, daß wir am Besten gradeaus rückwärtsfahren sollten, da wir aufgrund unserer Todessternausmaße nicht in die Lücke gepasst hätten. Dann würde der rote Kleinwagen in die Bucht fahren, wir würden wieder vorwärts fahren und alles wäre gut.
Jahaha. Das schreibt sich so leicht! Dieses Riesenschiff rückwärts zu lenken war schon eine ganz eigene Herausforderung, umso mehr als daß einige der Besatzung nicht mitbekommen hatten, daß wir nicht in die Bucht passen würden und persistent versuchten, mich durch Zuruf in ebendiese zu lenken.
„Links einschlagen! LIIINKS!”
„Wieso links? Rechts! Rechts!”
„Achung! Mauer! Steinmauer!”
Auto: „PIIIIIEEEEEP! PIIIIIIEP! PPPPIIIIIIIIIIEEEEEEEEEPPPPPP!” (Einparksensoren. Eigentlich ja praktisch, aber NICHT! JETZT!)

Nach viel Geschrei, Handgewedel und Gekurve kam der rote Kleinwagen endlich in die Bucht und war fast auf selber Höhe mit uns. Die Fahrerin kurbelte das Fenster herunter, wir auch und noch bevor sie irgendetwas sagen konnte, schallte ihr schon ein „We're tourists! We're sorry!” entgegen. Das brachte sie zum schallenden Lachen. Iren scheinen uns lustig zu finden. Teehee.

Auf der Rückfahrt trafen wir dann noch ein, zwei andere Gegenverkehrautos, allerdings in deutlich weniger prekärer Landschaft. Ich vermute ja, daß die Fahrerin des roten Kleinwagens ihre Nachbarn verständigt hat. Ja, wenn der Zirkus durch die Stadt kommt, dann muß man gucken. :o)

Nach unserer steinigen Expedition folgte das übliche Prozedere: einkaufen (im Riesensupermarkt Joyces, der, huld, jubel, viel Biozeug hatte), Essen machen, Essen essen, aufräumen, 5 Minuten besinnliches Beisammensitzen, todmüde ins Bett fallen.

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