Wir haben auch Probleme!
In Mecklenburg-Vorpommern bleibt mittlerweile selbst der Winderdienst stecken, da geht gar nichts mehr. Wir hier in Unterfranken haben aber auch Probleme, ne?
Heute morgen beispielsweise. Ich ging aus dem Haus und wollte Dinge tun und danach einkaufen. Nun ist es wichtig, dass ich rechtzeitig zum Dinge-tun-Haus komme, nämlich wenn es grade aufmacht. Aber nicht zu früh, weil es kalt ist und die Dinge-tun-Angestellten die Tür keine Sekunde früher öffnen. Ich will ja nicht jämmerlich vor der Tür erfrieren. Wie sieht denn das aus!
Also time ich meine Abfahrtszeit mit größtmöglicher Präzision. Frühstück, Katzenfrühstück, Bad, Einkauf vorbereiten, Krams zum Dinge tun einpacken – alles läuft wie am Schnürchen.
Um 9:42 laufe ich Richtung Auto, und als ich vor dem Schneehaufen stehe, unter dem sich vermutlich meine Anna verbirgt, dämmert mir, dass ich in meinem Berechnungen einen wichtigen Faktor vergessen habe: mein Auto steht seit letzten Samstag, also genau eine Woche, unberührt am Straßenrand und ist nicht nur völlig und komplett eingeschneit, nein, es wird zur Straße hin auch noch von einem Riesenwall aufgeschütteten und mit Eis überkrusteten Schnees eingepfercht.
Suuuper!
Ja, nun. Heulen, Schreien und Zähneklappern beeindrucken Schnee in der Regel nicht sonderlich, also musste ich was tun. Zuerst einmal wollte ich den Einkaufskorb in den Kofferraum stellen und dann dort gleich den großen Regenschirm herausholen. Damit bekommt man die meterhohe Schneedecke vom Autodach, ohne dass man sich inniglich ans Auto schmiegen muß, und der Schirm ist weich genug, um den Lack nicht zu beschädigen.
Ein guter Plan.
Wenn der Kofferraum aufgegangen wäre.
Die Autotüren gehen glücklicherweise auf und ich pfriemele erst einmal den Windschutzscheibenschutz weg. Was kaum geht, weil auch der von einer 15 cm dicken, eisüberkrusteten Schneeschicht bedeckt ist. Holde Froide.
Ich versuche es nochmal mit dem Kofferraum. Dank des Ranwen-Prinzips („Wenn Gewalt nicht hilft, versuche es mit mehr Gewalt.“) lässt sich der Gute dann doch öffnen, ich komme an den Regenschirm und beginne damit, wie der Storch im Salat durch die gemeingefährlichen Schneeklumpen, die mein Auto umgeben, zu waten und mit dem Schirm meine Anna von ihrem weißen Mantel zu befreien.
Beobachtet werde ich dabei von einer bepferdeschwanzten Mittzwanzigerin in speckigen Jogginghosen, die an der Straßenecke steht und raucht. Ich überlege, zur Erheiterung des Publikums ein paar Steppschritte einzulegen, verwerfe die Idee aber wieder. Die wilde Berg-und-Tal-und-Eisklumpen-Landschaft um mein Auto ist nicht sonderlich trittsicher und außerdem könnte dieses spezielle Publikum den Aufwand wahrscheinlich auch gar nicht zu schätzen wissen.
Ich schiebe den Schnee hinunter. Schieb, schieb. Meine Hände, obwohl behandschuht, gefrieren langsam zu Eis. Schieb, schieb, schieb.
Nach einiger Zeit sieht es schon fast wie ein Auto aus.
Schieb, schieb, schubb, schieb.
Punkt 10:00 Uhr, dem Öffnungszeitpunkt des Dinge-tun-Hauses, bin ich abfahrtbereit. Ah, nun, hätte schlimmer sein können. Ich schwinge mich in mein Auto, lasse den Motor an und fahre los.
Vielmehr, „und will losfahren.“ Der Parkbereich der kleinen Nebenstraße ist hoffnungslos vereist, mit Eisklumpen, Eiswällen und Schnee sowie -matsch verstopft. Anna müht sich redlich, aber sie kommt nicht so richtig vorwärts. Dass sie bergauf anfahren muss, scheint noch zusätzliche Schwierigkeiten zu bereiten.
Ich sitze hinter dem Steuer und grinse frenetisch. Das kann doch alles nicht sein! Echtes Schneechaos in Katzfurt?
Mit viel Hin- und Hergeschaukel schaffen es Anna und ich letztendlich doch, das vereiste Schneegeröllfeld des Parkbereiches zu durchbrechen. Auf dem Weg zum Dinge-tun-Haus ist wenig los (Achwas? Warum wohl?) und so kommen wir gut durch und letztendlich nur 10 Minuten später an.
Ich tue Dinge, ich gehe danach einkaufen.
Als ich nach Hause komme, bin ich redlich erschöpft und freue mich auf eine warme Tasse Tee. Die ich auf der Heizung liegend gedenke zu mir zu nehmen. Im Briefkasten klemmt der Werbewust des Wochenendes. Ich fische den tegut-Prospekt heraus und will den Rest gleich in die Papiertonne werfen. Ist schließlich sinnlos, das Zeug erst noch hochzuschleppen, um es in den Papierkorb zu werfen, um dann dann demnächst wieder runterzuschleifen und zu entsorgen.
Und was ist?
Was ist, frage ich euch?
Die §$%*-Papiertonne ist zugefroren, das ist!
Mir reicht's. Heute geht es nicht mehr aus dem Haus. Und morgen auch nicht. Ich setze mich auf die Heizung, trinke Tee und heißes Ingwerwasser und werde die Welt da draußen demonstrativ ignorieren. Auch wenn sie hübsch aussieht, so weiß und verschneit.
Aber ich lasse mich nicht täuschen! Ich blicke hinter die schöne Fassade! Und was gibt es da? Hm?
Eingefrorene Papiertonnen, das gibt es da!
Neenee. Nicht mit mir!