Donnerstag, 1. Februar 2007

De Winner in Unnerfrongn




Nachdem er jetzt wahrscheinlich nicht mehr wiederkehren wird, ist es an der Zeit, ein wenig über den Winter zu philosophieren. Genauer gesagt, über den Winter hier in meiner Gegend.

Oh, die Katzen kloppen sich grade. Ich sehe zwischen fliegenden Fetzen von Karton und Gardine zwei heftig wackelnde Klobürstenschwanzis.
Fast schon idyllisch, äh, metronomisch.

Der Winter in unserer Gegend ist meistens ein sanfter. Meine Stadt (eine Kuh mehr und wir wären offiziell ein Dorf) liegt da so gemütlich an einem Fluß herum, und wie ich grade mal so eben im Geologieunterricht, der damals noch Erdkunde hieß, gelernt habe, wirken Flüsse temperaturausgleichend.

Was ich im Sommer bezweifle, aber im Winter könnt's hinkommen. Es schneit recht wenig, der Schnee bleibt selten länger als zwei Tage liegen und ist überhaupt sehr umgänglich. Für Schnee halt.

Nachdem meine Gegend sehr familienverbunden ist (keiner darf wegziehen – nei'glasse wird auch geener), haben sich die Einwohner seit Generationen daran gewöhnt. Winter's just another word for trag noch'n Pulli mehr.

Das merkt man sehr schön an dem Tag, an dem es bei uns doch tatsächlich schneit. In 95% der Fälle tut es das in der Nacht, so daß die Unnerfrängische Bevölkerung am nächsten Morgen schlaftrunken auf eine weiße Wunderlandschaft blickt.
Naja. Die Ziegel der Hausdächer sind jedenfalls schon fast bedeckt. Jaha.

Daraufhin bricht Panik in der Bevölkerung aus.

Termine werden abgesagt, Großmütter kommen nicht aus der Ausfahrt, Winterreifen werden verzweifelt aus dem Keller gezerrt und Familien sind in ihren Häusern gefangen. Nur die Kinder, die tapferen, kleinen Helden, tollen durch das weiße Teufelszeug, das ihnen doch glatt bis an die kleinen Knöchel reicht.

Wer auch immer die Worte „Wie nennt man drei Schneeflocken in Unterfranken? – Schneechaos!“ prägte, er hatte Recht.

Nachdem der Winter unsere Region immer völlig unerwartet trifft (ich bitte sie, wer rechnet denn schon im Januar mit Schnee!), ist die Stadt überfordert. Was tut man noch mal, wenn es schneit? Räumen? Wie, räumen? Streuen? Was, streuen?
Laut schreiend rennen sie durch ihre kleinen Büros und verfluchen den Klimawandel, das Ozonloch und die Kombiregierung, denn irgendwer muß ja Schuld daran sein, daß es schneit.

Währenddessen rutsche ich auf zu Eis festgetretenem Kleinstmengenschnee über den Fußweg und schwöre mir das fünftrillionste Mal, daß ich meine Schuh-Schneeketten heute abend ganz bestimmt suchen werde.

Drei Tage später ist der Schnee verschwunden, was bedeutet, daß ich auf einem schönen, breiten Sandstreifen nach Hause gehen darf, den die Stadt schnell noch in den letzten Sekunden vor Schmelze auf die Wege streute.


Im Übrigen habe ich mir gedacht, daß ich ein Projekt starte. Ich dachte, es wäre mal nett, sich um etwas zu kümmern, daß mich nicht anmeckert, Forderungen stellt oder mir auf den Teppich kotzt. Deswegen habe ich mir auf der Arbeit zwei Farn-Ableger (die ich aus einem Pfadfinderheim gerettet habe) ins Wasserglas gestellt.
Bislang ist das Experiment auch schon ein voller Erfolg, die beiden wurzeln und gedeihen.

Nachdem die Würzelchen jetzt aber schon langsam boa-artige Ausmaße annehmen, raffte ich in meinem eremitischen Hirn mühsam alles zusammen, was ich über Pflanzen wußte.
Nach einer Weile erschloss sich für mich ganz klar, daß meine Ableger, die ich noch taufen muß (einer ist klein und mickerig, der andere ist groß und schön und stark), möglicherweise nun bereit wären, in Erde gepflanzt zu werden.

Deswegen besuchte ich heute den Blumenladen meines Vertrauens, der zufällig auch genau auf meinem Arbeits- und Heimweg liegt. Dort wählte ich zwei nette Blumenpötte und ließ mir zwei Plastik-Innentöppe mit Erde füllen. Die stehen da jetzt und warten darauf, daß ich sie morgen auf dem Weg zur Arbeit abhole und ihrer Bestimmung zuführe: die Heimat meiner beiden kleinen, grünen, neuen Haustiere zu werden.

Hussa.

Ich denke, ich werde das bei Gelegenheit auch mal fotographisch dokumentieren.


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